Interessenausgleich (Namensliste) und Altersgruppenbildung
“Eine Altersgruppenbildung ist zur Erhaltung der Altersstruktur der Belegschaft nur geeignet, wenn sie dazu führt, dass die bestehende Struktur bewahrt bleibt. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, muss deshalb eine proportionale Berücksichtigung aller Altersgruppen auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppen möglich sein.” Hierauf hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19. Juli 2012 (Az. 2 AZR 352/11) hingewiesen. Hintergrund ist die Regelung im Kündigungsschutzgesetz (§ 1 Abs. 5 KSchG), nach der Arbeitgeber und Betriebsrat verbindlich eine Namensliste für Kündigungen vereinbaren können. Allerdings – so die Richter – setzt das voraus, “dass die im konkreten Fall vorgenommene Altersgruppenbildung zur Sicherung der bestehenden Personalstruktur tatsächlich geeignet ist”.
Erhaltung der Altersstruktur
In dem entschiedenen Streitfall (die Gesamtbelegschaft war von 1.820 Mitarbeitern um 128 Mitarbeiter reduziert worden) war eine Altersgruppenbildung zur Erhaltung der Altersstruktur in jedem Fall ungeeignet, so die Richter. “Eine Altersgruppenbildung ist zur Erhaltung der Altersstruktur der Belegschaft nur geeignet, wenn sie dazu führt, dass die bestehende Struktur bewahrt bleibt. Dafür muss die bisherige Verteilung der Beschäftigten auf die Altersgruppen ihre prozentuale Entsprechung in der Anzahl der in der jeweiligen Altersgruppe zu Kündigenden finden. Dadurch wird die Erhaltung der bisherigen Struktur der Gesamtbelegschaft – in etwa – erreicht. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, muss deshalb eine proportionale Berücksichtigung aller Altersgruppen auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppen möglich sein. Die betriebsweite Sicherung der Altersstruktur muss die Folge der proportionalen Beteiligung sämtlicher Altersgruppen auch innerhalb der einzelnen Vergleichsgruppen sein. Es ist das Kennzeichen der Sozialauswahl, dass sie innerhalb von Vergleichsgruppen zu erfolgen hat. Diesen Mindestanforderungen an eine Sozialauswahl im Rahmen von Altersgruppen genügt die von der Beklagten getroffene Auswahl der Klägerin nicht. In der Vergleichsgruppe, der die Klägerin angehört, war eine proportionale Beteiligung aller Altersgruppen bereits deshalb nicht möglich, weil bei drei Altersgruppen nur zwei Arbeitnehmer zur Kündigung anstanden. Danach konnten allenfalls zwei Altersgruppen überhaupt an den Entlassungen beteiligt werden. Dies musste notwendig zu einer Verschiebung der Altersstruktur führen. Dementsprechend haben die ausgesprochenen Kündigungen in der Vergleichsgruppe der Klägerin zu einem Absinken des Altersdurchschnitts um 3,3 Jahre geführt.” Die erheblichen Zweifel des BAG müssen jetzt in einem anschließenden Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht geprüft werden.